War der Immobilienkauf früher einfacher?
Etwas mehr als eine halbe Million Euro – so viel Geld müssen Immobilienkäufer in Hamburg inzwischen einplanen, wenn sie eine Doppelhaushälfte erwerben wollen. Ein Einfamilienhaus kostet in der Hansestadt inzwischen durchschnittlich knapp 670.000 Euro. Nun ist Hamburg ein teures Pflaster. Aber auch wer in Leipzig eine Doppelhaushälfte erwerben möchte, muss tief in die Tasche greifen. Gut 400.000 Euro kostet das Vergnügen.
Die hohen Immobilienpreise schrecken Käufer ab. Und das sind vor allem die über 30-Jährigen, die sich nach den ersten Berufsjahren niederlassen wollen. Doch wie soll die “Generation Miete” die explodierenden Immobilienpreise samt Kaufnebenkosten stemmen? Früher war es für junge Paare sicher einfacher, ein Haus – oder zumindest eine Wohnung – zu kaufen. Oder etwa nicht?
Ist der Hauskauf wirklich teurer geworden?
Die F.A.S. hat nachrechnen lassen, ob an der gefühlten Wahrheit etwas dran ist, dass es die Elterngeneration leichter hatte, eine Immobilie zu erwerben. Allerdings nicht für den Kauf einer Wohnung, sondern eines Hauses. Zunächst müssen drei wichtige Komponenten getrennt werden: Die Immobilienpreise und ihre Entwicklung, die Höhe der Kredite und die Löhne.
Die Kaufpreise sind innerhalb von 30 Jahren kräftig gestiegen. Im bundesweiten Durchschnitt um 116 Prozent, so die “F.A.S.”, die sich auf Auswertungen des Analysehauses Bulwiengesa beruft. So lag der Kaufpreis für ein Reihenhaus mit einer Wohnfläche von rund 120 Quadratmetern im Jahr 1988 bei rund 190.000 Euro – heute wären dafür im Schnitt knapp 410.000 Euro fällig.
Gleichzeitig sind aber auch die Zinsen für einen Baukredit rapide gesunken. Im Jahr 1988 lag der durchschnittliche Bauzins bei 7,25 Prozent bei einer Zinsbindung von zehn Jahren (die Immobilie soll in 35 Jahren abbezahlt sein). Heute liegt der Bauzins bei gleichen Konditionen bei rund 1,5 Prozent. Man kann sich heute also deutlich günstiger Geld leihen. Damit, so die “F.A.S.”, sei der Zwischenstand zunächst ausgeglichen: Hohe Immobilienpreise zu günstigen Zinskonditionen.
Die dritte Komponente sind die Löhne. Und hier zeigt sich: Wer gut verdient, profitiert. Das Beispiel der Zeitung ist ein Universitätsprofessor der Besoldungsgruppe C3. 1988 hätte er damit 2652 Euro brutto verdient, heute wären es 6772 Euro. Das Gehalt ist also in den letzten 30 Jahren um 155 Prozent gestiegen. Die Immobilienpreise stiegen dagegen “nur” um 116 Prozent. “Für Gutverdiener ist es in den vergangenen 30 Jahren im Schnitt günstiger geworden, sich Wohneigentum zu leisten”, sagte André Adam von Bulwiengesa der “F.A.S.”.
Eigenkapital und Anschaffungsnebenkosten
Doch die Krux liegt im Detail: Immobilienkäufer benötigen heute aufgrund der gestiegenen Preise deutlich mehr Eigenkapital, um sich günstige Kreditkonditionen zu sichern – und um die prozentual gestiegenen Kaufnebenkosten zu stemmen. Man braucht also Geld auf der hohen Kante. Wer erbt oder reiche Eltern hat, kann sich freuen. Alle anderen müssen sparen. Und hier zeigt sich: Die Besserverdienenden mögen zwar in den letzten 30 Jahren ein sattes Lohnplus erhalten haben. Der Reallohnindex zeigt aber, dass die Einkommen auch durch die Teuerung der Verbraucherpreise geschrumpft sind.
Preise steigen, Löhne nicht
Bis 2016 stiegen die Reallöhne nur so wenig, dass sie nur geringfügig über den verfügbaren Löhnen von 1992 lagen. Auch in den Folgejahren ist dieser Wert kaum gestiegen. “In den letzten 20 Jahren hat sich der Reallohnindex insgesamt nur wenig verändert – der Anstieg der Bruttomonatsverdienste wurde also im Wesentlichen durch den Anstieg der Verbraucherpreise aufgezehrt”, heißt es dazu bei der Bundeszentrale für politische Bildung.
Die Löhne sind kaum gestiegen
Die Reallöhne, also das, was die Bürger nach Abzug von Steuern und Inflation im Portemonnaie haben, steigen kaum. Und das ist die durchschnittliche Lohnentwicklung. Wenn man also davon ausgeht, dass bei den Besserverdienenden ein gewisser Lohnzuwachs zu verzeichnen ist, müssen andere Berufsgruppen zwangsläufig stagnieren – oder sogar weniger verdienen. Der “Guardian” hat vor einigen Jahren auswerten lassen, wie sich das verfügbare Einkommen verschiedener Altersgruppen entwickelt hat. Demnach ist das Einkommen der 25- bis 29-Jährigen in den vergangenen 30 Jahren sogar um fünf Prozent gesunken. Eine Ursache seien nach wie vor die Nachwehen der Finanzkrise ab 2007, die schlechter bezahlte Jobs, Leiharbeit und befristete Arbeitsverträge begünstigt hätten. Tatsächlich ist die Altersgruppe der 29- bis 34-Jährigen besonders häufig befristet beschäftigt.
Einschränkungen für den Erwerb von Wohneigentum?
Und so fällt es dem Großteil der jungen Generation schwer, Eigenkapital zu bilden. Um sich Wohneigentum leisten zu können, wolle sich die Generation aber auch nicht einschränken, so die “F.A.S.”. Weniger teure Urlaube, weniger Avocado-Toast, weniger Bio-Lebensmittel? Gerade in Deutschlands Szenevierteln, wo die Preise fernab des bundesdeutschen Durchschnitts in immer astronomischere Höhen schießen, denkt die junge Generation nicht daran, Abstriche zu machen. Wer aber abseits der gefragten Stadtteile oder im Speckgürtel auf Immobiliensuche geht, findet auch dort noch bezahlbare Objekte. So kostet eine Doppelhaushälfte in Harburg, einem Stadtteil jenseits der Elbe und damit etwas abseits, im Schnitt nicht einmal 400.000 Euro – rund 100.000 Euro weniger als in Hamburg.